ReBalancer-Training – das sagt die Forschung

Einmal einen Nachmittag investieren und danach für mehrere Monate trittsicherer sein? Was sich wie Zukunftsmusik anhört, könnte durch eine Rekalibrierung Wirklichkeit sein. In der Forschung wurde bereits nachgewiesen, dass sich spezielle Stolpertrainings, bei denen das Gefühl des Fallens unter Laborbedingungen nachgestellt wird, nachhaltig auf die Trittsicherheit auswirken.

Ein Meilenstein in der Sturzpräventionsforschung war 2014 die Pai-Studie [1]. Pai et al. wiesen in einer randomisierten kontrollierten Studie mit 212 Teilnehmern nach, dass eine Serie von 24 Störungen beim Gehen auf einem 7-Meter-Gang während einer Trainingseinheit zu einer 50%igen Abnahme des Sturzrisikos in den folgenden 12 Monaten führte [1]. In einer von Epro und Kollegen durchgeführten Studie [2] führte ein Störungstraining mit nur 8 Störungen zu einer signifikant erhöhten Stabilitätsspanne, die auch 18 Monate nach der Intervention noch gemessen werden konnte.

Inzwischen haben mehr als 770 Teilnehmer an Perturbationsstudien teilgenommen, erste Übersichtsstudien wurden veröffentlicht [3,4], und es mehren sich die Hinweise, dass die Teilnehmer nach einer einzigen oder wenigen Sitzungen Perturbationstraining in den folgenden bis zu 12 Monaten ein um 40-60 % geringeres Sturzrisiko aufweisen [1,3-7].


[1] Einmal-Perturbations-Training senkt Sturzrisiko um 50% (Pai et al., 2014)

Mit einer einzigen Übungseinheit, in der die Probanden 24-mal hintereinander unter geschützten Laborbedingungen über einen 7-Meter-Gang laufen mussten, reduzierte sich das Sturzrisiko im Folgejahr um 50% (von 34% auf 15%). Studienteilnehmer, die nur einen einzigen Ausrutscher hinnehmen mussten, stürzten im darauffolgenden Jahr 2.3 mal häufiger. Eine Schutzwirkung war insbesondere bei bereits gestürzten Personen zu erkennen.

RCT; Studienteilnehmer: selbständig lebende Personen (N=212; Alter >65 J)


Einmal-Perturbations-Training schützt 6 Monate lang vor Stürzen

Durch ein einmaliges Fall-Simulations-Training wurden Sturzereignisse und Stolperer für die nächsten sechs Monate beträchtlich reduziert. Probanden liefen über eine speziell entwickelte Bodenvorrichtung, in deren Mitte ein Sturz durch ein bewegliches Brett initiiert werden konnte. Die Testpersonen waren durch ein Hängeseil jederzeit gesichert und erfuhren das Sturzerlebnis unter streng kontrollierten Bedingungen. Das Durchleben des Schreckmoments ist einer Impfung gleichzusetzen, d.h. die Testperson wurde gegen das Stürzen „geimpft“. Es wird vermutet, dass der Muskelapparat sich die Muskelantwort auf den vermeintlichen Sturz abspeichert und so in der wahren Situation auf diese zurückgreifen kann. Als vorteilhaft erwies sich in der vorliegenden Studie eine Wiederholung der Prozedur nach drei Monaten. Wenn man die Kosten und den Nutzen bei dieser Art der Sturzprophylaxe gegeneinander abwägt, ist diese Methode der „Sturzimpfung“ eine sehr zeit- und kostengünstige Methode, für einen bestimmten Zeitraum vor potenziell lebensbedrohlichen Stürzen bewahrt zu sein.  

Studienteilnehmer: selbständig lebende Personen (N=48; Alter >65 J)


Handmade Software, Inc. Image Alchemy v1.11.1d73

Stolper-Laufband-Training reduziert Sturzrisiko

Die Studienteilnehmer dieser Studie trainierten 6 Monate lang auf einem Laufband und wurde gelegentlich auf dem Laufband gestört. Dies beinhaltete eine Ablenkung oder den Versuch, einen Gleichgewichtsverlust hervorzurufen. Eine Sicherung der Studienteilnehmer gewährleistete fortwährende Sicherheit der Probanden während der Intervention. Eine Vergleichsgruppe absolvierte in der gleichen Zeit ein herkömmliches Alterstraining. In der Laufband-Gruppe wurden nach 6 Monaten signifikant bessere Balance und Reaktionszeiten gemessen als in der Kontrollgruppe. Die Anzahl der Stürze hatte sich um 21% durch das Laufbandtraining verringert. Die Zeit bis zum ersten Sturz innerhalb der sechs Monate war jedoch in beiden Gruppen gleich. Ein Laufbandtraining mit unerwarteten Störereignissen scheint einen positiven Effekt auf die Balance und das Sturzverhalten bei älteren Personen zu haben. 

Studienteilnehmer: Langzeit-Seniorenheimbewohner (N=32; Alter: 66-98 J)


Referenzen

  1. Yi-Chung Pai, Tanvi Bhatt, Feng Yang, Edward Wang, Stephen Kritchevsky, PhD, Perturbation Training Can Reduce Community-Dwelling Older Adults’ Annual Fall Risk: A Randomized Controlled Trial, The Journals of Gerontology: Series A, Volume 69, Issue 12, December 2014, Pages 1586–1594
  2. Epro G, Mierau A, McCrum C, Leyendecker M, Brüggemann GP, Karamanidis K. Retention of gait stability improvements over 1.5 years in older adults: effects of perturbation exposure and triceps surae neuromuscular exercise. J Neurophysiol. 2018 Jun 1;119(6):2229-2240
  3. Augustine Joshua Devasahayam, Kyle Farwell, Bohyung Lim, Abigail Morton, Natalie Fleming, David Jagroop, Raabeae Aryan, Tyler Mitchell Saumur, Avril Mansfield The effect of reactive balance training on falls in daily life: an updated systematic review and meta-analysis, medRxiv 2022.01.27.22269969; doi: https://doi.org/10.1101/2022.01.27.22269969
  4. Okubo Y, Schoene D, Lord SR. Step training improves reaction time, gait and balance and reduces falls in older people: a systematic review and meta-analysis. Br J Sports Med. 2017 Apr;51(7):586-593. doi: 10.1136/bjsports-2015-095452. Epub 2016 Jan 8. PMID: 26746905.
  5. McCrum C, Bhatt TS, Gerards MHG, Karamanidis K, Rogers MW, Lord SR, Okubo Y. Perturbation-based Balance Training: Principles, Mechanisms and Implementation in Clinical Practice. OSF Preprints. doi: 10.31219/osf.io/u8fsb
  6. Lurie JD, Zagaria AB, Ellis L, Pidgeon D, Gill-Body KM, Burke C, Armbrust K, Cass S, Spratt KF, McDonough CM. Surface Perturbation Training to Prevent Falls in Older Adults: A Highly Pragmatic, Randomized Controlled Trial. Phys Ther. 2020 Jul 19;100(7):1153-1162.
  7. Okubo Y, Sturnieks DL, Brodie MA, Duran L, Lord SR. Effect of Reactive Balance Training Involving Repeated Slips and Trips on Balance Recovery Among Older Adults: A Blinded Randomized Controlled Trial. J Gerontol A Biol Sci Med Sci. 2019 Aug 16;74(9):1489-1496

Sie sind auf der Suche nach einem Angebot in Ihrer Region? Das SturzZentrum hilft gerne weiter.